Das
Lei Thar Gone Guesthouse und die Light of Love High School in
Yenangyaung, Myanmar
Eric
Trutwein – seine Projekte und sein Traum!
„Lei
Thar Gone“, eine sanfte Brise, empfängt uns, als wir nach
zweistündiger Fahrt von Bagan Richtung Süden aus Nye Nyes Taxi
steigen. Eric hatte uns per email gewarnt, Nye Nye verlangt immer
etwas mehr, als vereinbart, er wisse auch nicht weshalb! Wir
Glücklichen, Nye Nyes Vater ist uns gefahren und nimmt nur, was
vereinbart war. Vielleicht ist er auch nur froh, dass wir nicht so
lange in Mount Popa geblieben sind und er schneller wieder zurück in
Bagan sein wird.
Mount
Popa ist dieser mit vulkanischer Kraft aus der Landschaft gepresste
Berg. An seinem Fuss ist er im Durchmesser unwesentlich stärker als
hundert Meter weiter oben. Von dort droht das buddhistische Kloster
über die Ränder in die Tiefe zu stürzen. Sehenswert , finden wir –
von weitem – und entscheiden, die mehreren hundert Stufen nicht
hinauf und hinunter zu springen. Der Ort leidet unter dem
Massentourismus. Hier wird deutlich, dass auch Myanmar dem
zunehmenden Plastikmüll nicht gewachsen ist.
Das
Lei Thar Gone Guesthouse ist eine Idylle. Für US$ 300 hat Eric den
Hügel gekauft, als er nach seiner Pensionierung in seine
Geburtsstadt Yenangyaung zurückkehrte. Die befestigte Strasse, die
jetzt von der Anhöhe davor erst steil nach unten dann wieder steil
hinauf führt, war teurer – US$ 5.000. Lei Thar Gone ist ein
Garten. Die kleinen Häuser sind an den steilen Abhang gebaut und
bieten einen atemberaubenden Blick auf das Urstromtal des mächtigen
Ayeryarwaddy. Wir sitzen jeden Abend auf unserer Terrasse und staunen
über die Vielfalt an Stimmungen, die die Sonnenuntergänge
hervorzaubern.
Eric
Trutwein ist ein echter Burmese. Seinen Nachnamen hat er von seinem
Urgrossvater, der erst von Deutschland in die USA auswanderte und
von dort aus nach Burma ging und eine Familie gründete. Eric ist
Ingenieur und war bis zu seiner Pensionierung ein hochrangiger
Manager in der Erdölindustrie Myanmars. Jetzt steckt er all seine
Kraft und sein Vermögen in Projekte, die die Armut in den Dörfern
bekämpfen. Es gibt nicht genügend Arbeit, die den Dorfbewohnern
ausreichendes Einkommen sichert, um überleben zu können. Es mangelt
an Grundnahrungsmitteln, Häuser können nicht instand gehalten
werden und Wasser muss kilometerweit in riesigen Behältern aus der
Stadt herbeigeschleppt werden, eine Arbeit die häufig von Kindern
erledigt wird. Familien ziehen aus den Dörfern in die Stadt, in der
Hoffnung Arbeit zu finden, oft sind die Lebensbedingungen dort jedoch
noch schlechter.
Mehrere
Dörfer sind an das Wasserleitungssystem angeschlossen, das Eric
geplant und gebaut hat. Familien konnten in ihre Dörfer
zurückkehren. Eric hilft ihnen Häuser zu bauen und sorgt für die
regelmässige Versorgung mit Reis für die Ärmsten der Armen.
„Goat
banking“ ist eine seiner Ideen: Eine Familie erhält fünf Ziegen
und beginnt mit der Aufzucht einer kleinen Ziegenherde. Wenn diese
fünfzehn Tiere zählt, werden fünf Ziegen an die nächste Familie
weitergegeben.
Mangelernährung,
Krankheiten, AIDS, unbezahlbare ärztliche Versorgung und in vielen
Fällen lebensgefährliche Arbeiten in Steinbrüchen, etc., führen
dazu, dass viele Menschen bereits in jungen Jahren sterben. Unzählige
kleine Kinder müssen von Verwandten oder der Dorfgemeinschaft
grossgezogen werden.
Eigentlich
sollte es ein Waisenhaus werden, die regionale Regierung hat jedoch
keine Genehmigung erteilt. Jetzt steht auf der Anhöhe vor Lei Thar
Gone eine Schule mit mehreren Gebäuden, in die rund 100 Kinder jeden
Morgen aus den umliegenden Dörfern strömen.
Eric,
selbst an AIDS erkrankt, startete sein Engagement mit 13 Vollwaisen.
Im
Juli 2013 wurde die “Light of Love High School“ eröffnet. Sie
besitzt eine Lizenz für eine Vorschule und elf Klassenstufen. Marie,
die französische Schulleiterin, entschied sich anlässlich eines
Besuchs 2012 spontan, die Leitung der Schule für ein Jahr
unentgeltlich zu übernehmen – und wahrscheinlich wird sie bleiben.
Sie begrüsst die Kinder, wenn sie morgens aus dem Schulbus steigen
und so manch eines umarmt sie herzlich, bevor sie in die Klassen
gehen und der Schulalltag beginnt. Es ist offensichtlich, Marie
liegen die Kinder, die Schule und das gesamte Projekt am Herzen.
In
Zukunft soll das Guesthouse die gesamte Schule aus den
erwirtschafteten Überschüssen finanzieren. Momentan werden die
Unterstützung für die Kinder und ihre Familien und die Kosten der
Schule von Eric und einigen ausländischen Hilfsorganisationen
finanziert. (www.kin-bir.de
/ www.hirtenkinder.ch
/ www.enfants-de-birmanie.org)
Bei
unserer Ankunft im Guesthouse werden wir von Therese aus der Schweiz
empfangen. Sie versucht, die Organisation für das kleine Unternehmen
auf die Beine zu stellen. Zwei Monate lang bildet sie die
burmesischen Mitarbeiter aus, um sie in die Lage zu versetzen, den
Betrieb selbst zu übernehmen. Zwei Monate sind kurz, aber Therese
ist zuversichtlich, dass ihr Einsatz erfolgreich sein wird. Wir
profitieren als Gäste bereits von ihrer Arbeit. Therese arbeitet
ebenfalls unentgeltlich.
Um
15:30 schlendern wir hinüber zur Schule.
Am
Tor werden wir von einem kleinen Jungen begrüsst. Er hat uns
gesehen, als wir das Tor öffneten. Er nimmt Hanne an die Hand und
führt uns in den Schulhof. Wieder begegnen wir dieser unglaublichen
Freundlichkeit der Burmesen, es scheint ihnen in die Wiege gelegt zu
werden.
Ein paar Bäume spenden Schatten, wir setzen uns und beobachten das Treiben. Einige Mädchen spielen „Gummitwist“ - sehr artistisch! Die Jungs spielen Fussball, wie überall auf der Welt. Dann setzen sich einige der Jungen neben Hanne und verwickeln sie in ein Gespräch auf Englisch. Es klappt super! Wir erfahren ihre Namen und nennen unsere, finden heraus, in welche Klasse sie gehen, dass sie die Schule mögen, und in welchen Fächern sie unterrichtet werden. Ein paar Minuten später wagen zwei Mädchen, sich neben mich zu setzen, sie sind in der 6. bzw. 7. Klasse.
Ein paar Bäume spenden Schatten, wir setzen uns und beobachten das Treiben. Einige Mädchen spielen „Gummitwist“ - sehr artistisch! Die Jungs spielen Fussball, wie überall auf der Welt. Dann setzen sich einige der Jungen neben Hanne und verwickeln sie in ein Gespräch auf Englisch. Es klappt super! Wir erfahren ihre Namen und nennen unsere, finden heraus, in welche Klasse sie gehen, dass sie die Schule mögen, und in welchen Fächern sie unterrichtet werden. Ein paar Minuten später wagen zwei Mädchen, sich neben mich zu setzen, sie sind in der 6. bzw. 7. Klasse.
Alle
SchülerInnen, die meisten Lehrer und die Schulleiterin tragen
Schuluniformen, ein lila Longyi für die Mädchen und auch die
meisten Jungen und eine weisse Bluse, bzw. ein weisses Hemd. Der
Longyi, den ich für mich gekauft habe, bereitet mir noch erhebliche
Probleme, wenn ich versuche, ihn mir um die Hüften zu schlingen. Für
Frauen ist die Sache einfach, sie wickeln das Ding um die Taille und
stecken es an einer Seite fest. Männer müssen einen Knoten vor dem
Bauch binden! Ohne diesen Knoten befürchte ich wie eine Frau
auszusehen und ohne den richtigen Knoten, gleitet das Textil
urplötzlich runter! Einer der älteren Lehrer hat Mitleid mit mir
und gibt mir eine Privatstunde: „How to fix a longyi ...“
Am
nächsten Morgen sind wir auf dem Schulhof, als die ersten Kinder
eintreffen, einige tragen Jacken oder Pullover. Es herrschen
mindestens 25 Grad, für uns hochsommerliche Temperaturen, die
Burmesen frieren – im November beginnt die „Cold Season“.
Dann
ist Assembly. Die Schüler der einzelnen Klassenstufen stellen sich
hintereinander auf, werden ausgerichtet, die Fahne Myanmars wird
gehisst und der grösste und älteste Schüler übernimmt mit lauter
Stimme das Kommando. Alle geloben, an sich zu arbeiten, ihre
Leistungen zu verbessern und somit den Ruf und die Leistung der
Schule und damit auch den des Vaterlandes.
Marie
führt uns durch die Schule, wir werden vorgestellt und überall mit
dem für ganz Myanmar so typischen, strahlenden Lächeln empfangen.
Marie hat keine leichte Aufgabe übernommen, aber wir sind überzeugt,
sie wird erfolgreich sein. Die Kinder werden es ihr leicht machen –
nicht einmal haben wir auch nur die leiseste Andeutung aggressiven
Verhaltens gesehen – paradiesische Verhältnisse im Vergleich zu
den meisten Schulen, an denen wir bisher waren.
Während
des Besuch suchen wir ständig den Schatten, jede kleine Brise ist
willkommen in der Hitze der kalten Jahreszeit.
Eric
fährt mit uns hinaus aus der Stadt. Der alte Jeep quält sich die
kleinen Hügel rauf und runter. Frauen und Kinder kommen uns entgegen
und begrüssen uns, wir bewundern die Wasserleitungen und
Pumpstationen, streicheln Ziegen und sehen uns eins der Häuser an,
die die Familien mit Erics Hilfe erbaut haben. Sie kosten zwischen
US$ 800 bis 1.000. Das Holz und die Wände aus Bambusmatten sind mit
Öl behandelt und werden bis zu vierzig Jahre halten.
Können
wir nicht alle ein wenig von unserem Weihnachtsgeld einsparen und
damit einer burmesischen Familie ein Haus bauen?
Auf
dem Rückweg kommen wir an einem städtischen Wassertank vorbei –
an mehreren Stellen dringt Wasser aus den Leitungen, es läuft die
nicht asphaltierte Strasse hinunter und schneidet tiefe Rinnen in
deren Oberfläche, bald wird sie unbefahrbar sein. Eric kann seinen
Groll nicht verbergen.
Wir
gehen viel zu spät los und kommen in die Mittagshitze. Es staubt in
Yenangyaung, die Regenzeit ist vorbei – wie gesagt, es herrscht
Kälte! In einem der vielen Strassenrestaurants zeigen wir auf die im
Fett bruzzelnden Teiggebilde, man versteht uns, zwar nicht wörtlich,
aber es geht eben auch so. Wasser? Unverständliches Lächeln. Ich
zeige auf die Kühltruhe, man öffnet sie mir und ich hole die
Flasche selbst heraus.
Die
frisch frittierten Teigwaren, gefüllt mit Gemüse, Ei, Fleisch und
Gewürzen schmecken göttlich. An Mohinga, die traditionelle
burmesische Nudelsuppe, traut sich Hanne nicht heran. Erst als Eric
sie uns am letzten Morgen selbst zubereitet, wir wissen sein
Engagement zu schätzen, probiert sie – köstlich finde ich, ja,
aber nicht zum Frühstück meint Hanne.
Abends wandert es sich besser. Mit Mühe steigen wir den Berg hinunter, laufen durch ein kleines Dorf und versuchen, dem Ayeyarwaddy näher zu kommen. Wir wagen es nicht den Sandweg zu verlassen und auf direktem Weg, durch das ausgetrocknete (?) Feuchtgebiet, den Fluss zu erreichen. Wir beobachten eine Schlange, zwei Meter lang und, Gott sei Dank, zwanzig Meter entfernt – auf dem Foto ist sie nur schemenhaft zu erkennen!
Auf
dem Flachland zwischen den Karsthügeln und dem Wasser bearbeiten
Dutzende von Ochsenkarren den fruchtbaren Boden, den der Fluss in den
Monaten davor diverse Male überschwemmt hat.
Irgendwann
fällt uns auf, dass wir während all dieser Tage nur zwei Europäer
gesehen haben, Therese und Marie.
Eric
erzählt uns von seinem Traum: Er möchte, dass all seine Schüler
Englisch sprechen, um eine Chance auf besseres Leben zu haben, für
sich und ihre Familien. Wir sind sicher und drücken noch dazu die
Daumen, Erics Traum wird in Erfüllung gehen, so wie seine
Prophezeiung. Nye Nye erhöhte den vereinbarten Preis für die
Rückfahrt mal eben um zehn Prozent.
Danke
Eric, danke auch der Lei Thar Gone Familie, wir haben die Zeit bei
euch sehr genossen.
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