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Unvollständige, unsystematische, unübliche und nicht ganz vorurteilsfreie Reisebeobachtungen aus der Altersfreiheit!

Mittwoch, 4. Dezember 2013

Das Lei Thar Gone Guesthouse und die Light of Love High School in Yenangyaung, Myanmar
Eric Trutwein – seine Projekte und sein Traum!

Lei Thar Gone“, eine sanfte Brise, empfängt uns, als wir nach zweistündiger Fahrt von Bagan Richtung Süden aus Nye Nyes Taxi steigen. Eric hatte uns per email gewarnt, Nye Nye verlangt immer etwas mehr, als vereinbart, er wisse auch nicht weshalb! Wir Glücklichen, Nye Nyes Vater ist uns gefahren und nimmt nur, was vereinbart war. Vielleicht ist er auch nur froh, dass wir nicht so lange in Mount Popa geblieben sind und er schneller wieder zurück in Bagan sein wird.
Mount Popa ist dieser mit vulkanischer Kraft aus der Landschaft gepresste Berg. An seinem Fuss ist er im Durchmesser unwesentlich stärker als hundert Meter weiter oben. Von dort droht das buddhistische Kloster über die Ränder in die Tiefe zu stürzen. Sehenswert , finden wir – von weitem – und entscheiden, die mehreren hundert Stufen nicht hinauf und hinunter zu springen. Der Ort leidet unter dem Massentourismus. Hier wird deutlich, dass auch Myanmar dem zunehmenden Plastikmüll nicht gewachsen ist.


Das Lei Thar Gone Guesthouse ist eine Idylle. Für US$ 300 hat Eric den Hügel gekauft, als er nach seiner Pensionierung in seine Geburtsstadt Yenangyaung zurückkehrte. Die befestigte Strasse, die jetzt von der Anhöhe davor erst steil nach unten dann wieder steil hinauf führt, war teurer – US$ 5.000. Lei Thar Gone ist ein Garten. Die kleinen Häuser sind an den steilen Abhang gebaut und bieten einen atemberaubenden Blick auf das Urstromtal des mächtigen Ayeryarwaddy. Wir sitzen jeden Abend auf unserer Terrasse und staunen über die Vielfalt an Stimmungen, die die Sonnenuntergänge hervorzaubern.

Eric Trutwein ist ein echter Burmese. Seinen Nachnamen hat er von seinem Urgrossvater, der erst von Deutschland in die USA auswanderte und von dort aus nach Burma ging und eine Familie gründete. Eric ist Ingenieur und war bis zu seiner Pensionierung ein hochrangiger Manager in der Erdölindustrie Myanmars. Jetzt steckt er all seine Kraft und sein Vermögen in Projekte, die die Armut in den Dörfern bekämpfen. Es gibt nicht genügend Arbeit, die den Dorfbewohnern ausreichendes Einkommen sichert, um überleben zu können. Es mangelt an Grundnahrungsmitteln, Häuser können nicht instand gehalten werden und Wasser muss kilometerweit in riesigen Behältern aus der Stadt herbeigeschleppt werden, eine Arbeit die häufig von Kindern erledigt wird. Familien ziehen aus den Dörfern in die Stadt, in der Hoffnung Arbeit zu finden, oft sind die Lebensbedingungen dort jedoch noch schlechter.
Mehrere Dörfer sind an das Wasserleitungssystem angeschlossen, das Eric geplant und gebaut hat. Familien konnten in ihre Dörfer zurückkehren. Eric hilft ihnen Häuser zu bauen und sorgt für die regelmässige Versorgung mit Reis für die Ärmsten der Armen.
Goat banking“ ist eine seiner Ideen: Eine Familie erhält fünf Ziegen und beginnt mit der Aufzucht einer kleinen Ziegenherde. Wenn diese fünfzehn Tiere zählt, werden fünf Ziegen an die nächste Familie weitergegeben.


Mangelernährung, Krankheiten, AIDS, unbezahlbare ärztliche Versorgung und in vielen Fällen lebensgefährliche Arbeiten in Steinbrüchen, etc., führen dazu, dass viele Menschen bereits in jungen Jahren sterben. Unzählige kleine Kinder müssen von Verwandten oder der Dorfgemeinschaft grossgezogen werden.

Eigentlich sollte es ein Waisenhaus werden, die regionale Regierung hat jedoch keine Genehmigung erteilt. Jetzt steht auf der Anhöhe vor Lei Thar Gone eine Schule mit mehreren Gebäuden, in die rund 100 Kinder jeden Morgen aus den umliegenden Dörfern strömen.
Eric, selbst an AIDS erkrankt, startete sein Engagement mit 13 Vollwaisen.
Im Juli 2013 wurde die “Light of Love High School“ eröffnet. Sie besitzt eine Lizenz für eine Vorschule und elf Klassenstufen. Marie, die französische Schulleiterin, entschied sich anlässlich eines Besuchs 2012 spontan, die Leitung der Schule für ein Jahr unentgeltlich zu übernehmen – und wahrscheinlich wird sie bleiben. Sie begrüsst die Kinder, wenn sie morgens aus dem Schulbus steigen und so manch eines umarmt sie herzlich, bevor sie in die Klassen gehen und der Schulalltag beginnt. Es ist offensichtlich, Marie liegen die Kinder, die Schule und das gesamte Projekt am Herzen.



In Zukunft soll das Guesthouse die gesamte Schule aus den erwirtschafteten Überschüssen finanzieren. Momentan werden die Unterstützung für die Kinder und ihre Familien und die Kosten der Schule von Eric und einigen ausländischen Hilfsorganisationen finanziert. (www.kin-bir.de / www.hirtenkinder.ch / www.enfants-de-birmanie.org)

Bei unserer Ankunft im Guesthouse werden wir von Therese aus der Schweiz empfangen. Sie versucht, die Organisation für das kleine Unternehmen auf die Beine zu stellen. Zwei Monate lang bildet sie die burmesischen Mitarbeiter aus, um sie in die Lage zu versetzen, den Betrieb selbst zu übernehmen. Zwei Monate sind kurz, aber Therese ist zuversichtlich, dass ihr Einsatz erfolgreich sein wird. Wir profitieren als Gäste bereits von ihrer Arbeit. Therese arbeitet ebenfalls unentgeltlich.

Um 15:30 schlendern wir hinüber zur Schule.
Am Tor werden wir von einem kleinen Jungen begrüsst. Er hat uns gesehen, als wir das Tor öffneten. Er nimmt Hanne an die Hand und führt uns in den Schulhof. Wieder begegnen wir dieser unglaublichen Freundlichkeit der Burmesen, es scheint ihnen in die Wiege gelegt zu werden.
Ein paar Bäume spenden Schatten, wir setzen uns und beobachten das Treiben. Einige Mädchen spielen „Gummitwist“ - sehr artistisch! Die Jungs spielen Fussball, wie überall auf der Welt. Dann setzen sich einige der Jungen neben Hanne und verwickeln sie in ein Gespräch auf Englisch. Es klappt super! Wir erfahren ihre Namen und nennen unsere, finden heraus, in welche Klasse sie gehen, dass sie die Schule mögen, und in welchen Fächern sie unterrichtet werden. Ein paar Minuten später wagen zwei Mädchen, sich neben mich zu setzen, sie sind in der 6. bzw. 7. Klasse.


Alle SchülerInnen, die meisten Lehrer und die Schulleiterin tragen Schuluniformen, ein lila Longyi für die Mädchen und auch die meisten Jungen und eine weisse Bluse, bzw. ein weisses Hemd. Der Longyi, den ich für mich gekauft habe, bereitet mir noch erhebliche Probleme, wenn ich versuche, ihn mir um die Hüften zu schlingen. Für Frauen ist die Sache einfach, sie wickeln das Ding um die Taille und stecken es an einer Seite fest. Männer müssen einen Knoten vor dem Bauch binden! Ohne diesen Knoten befürchte ich wie eine Frau auszusehen und ohne den richtigen Knoten, gleitet das Textil urplötzlich runter! Einer der älteren Lehrer hat Mitleid mit mir und gibt mir eine Privatstunde: „How to fix a longyi ...“
Am nächsten Morgen sind wir auf dem Schulhof, als die ersten Kinder eintreffen, einige tragen Jacken oder Pullover. Es herrschen mindestens 25 Grad, für uns hochsommerliche Temperaturen, die Burmesen frieren – im November beginnt die „Cold Season“.
Dann ist Assembly. Die Schüler der einzelnen Klassenstufen stellen sich hintereinander auf, werden ausgerichtet, die Fahne Myanmars wird gehisst und der grösste und älteste Schüler übernimmt mit lauter Stimme das Kommando. Alle geloben, an sich zu arbeiten, ihre Leistungen zu verbessern und somit den Ruf und die Leistung der Schule und damit auch den des Vaterlandes.


Marie führt uns durch die Schule, wir werden vorgestellt und überall mit dem für ganz Myanmar so typischen, strahlenden Lächeln empfangen. Marie hat keine leichte Aufgabe übernommen, aber wir sind überzeugt, sie wird erfolgreich sein. Die Kinder werden es ihr leicht machen – nicht einmal haben wir auch nur die leiseste Andeutung aggressiven Verhaltens gesehen – paradiesische Verhältnisse im Vergleich zu den meisten Schulen, an denen wir bisher waren.
Während des Besuch suchen wir ständig den Schatten, jede kleine Brise ist willkommen in der Hitze der kalten Jahreszeit.


Eric fährt mit uns hinaus aus der Stadt. Der alte Jeep quält sich die kleinen Hügel rauf und runter. Frauen und Kinder kommen uns entgegen und begrüssen uns, wir bewundern die Wasserleitungen und Pumpstationen, streicheln Ziegen und sehen uns eins der Häuser an, die die Familien mit Erics Hilfe erbaut haben. Sie kosten zwischen US$ 800 bis 1.000. Das Holz und die Wände aus Bambusmatten sind mit Öl behandelt und werden bis zu vierzig Jahre halten.
Können wir nicht alle ein wenig von unserem Weihnachtsgeld einsparen und damit einer burmesischen Familie ein Haus bauen?



Auf dem Rückweg kommen wir an einem städtischen Wassertank vorbei – an mehreren Stellen dringt Wasser aus den Leitungen, es läuft die nicht asphaltierte Strasse hinunter und schneidet tiefe Rinnen in deren Oberfläche, bald wird sie unbefahrbar sein. Eric kann seinen Groll nicht verbergen.


Wir gehen viel zu spät los und kommen in die Mittagshitze. Es staubt in Yenangyaung, die Regenzeit ist vorbei – wie gesagt, es herrscht Kälte! In einem der vielen Strassenrestaurants zeigen wir auf die im Fett bruzzelnden Teiggebilde, man versteht uns, zwar nicht wörtlich, aber es geht eben auch so. Wasser? Unverständliches Lächeln. Ich zeige auf die Kühltruhe, man öffnet sie mir und ich hole die Flasche selbst heraus.



Die frisch frittierten Teigwaren, gefüllt mit Gemüse, Ei, Fleisch und Gewürzen schmecken göttlich. An Mohinga, die traditionelle burmesische Nudelsuppe, traut sich Hanne nicht heran. Erst als Eric sie uns am letzten Morgen selbst zubereitet, wir wissen sein Engagement zu schätzen, probiert sie – köstlich finde ich, ja, aber nicht zum Frühstück meint Hanne.



Abends wandert es sich besser. Mit Mühe steigen wir den Berg hinunter, laufen durch ein kleines Dorf und versuchen, dem Ayeyarwaddy näher zu kommen. Wir wagen es nicht den Sandweg zu verlassen und auf direktem Weg, durch das ausgetrocknete (?) Feuchtgebiet, den Fluss zu erreichen. Wir beobachten eine Schlange, zwei Meter lang und, Gott sei Dank, zwanzig Meter entfernt – auf dem Foto ist sie nur schemenhaft zu erkennen!



Auf dem Flachland zwischen den Karsthügeln und dem Wasser bearbeiten Dutzende von Ochsenkarren den fruchtbaren Boden, den der Fluss in den Monaten davor diverse Male überschwemmt hat.
Irgendwann fällt uns auf, dass wir während all dieser Tage nur zwei Europäer gesehen haben, Therese und Marie.


Eric erzählt uns von seinem Traum: Er möchte, dass all seine Schüler Englisch sprechen, um eine Chance auf besseres Leben zu haben, für sich und ihre Familien. Wir sind sicher und drücken noch dazu die Daumen, Erics Traum wird in Erfüllung gehen, so wie seine Prophezeiung. Nye Nye erhöhte den vereinbarten Preis für die Rückfahrt mal eben um zehn Prozent.


Danke Eric, danke auch der Lei Thar Gone Familie, wir haben die Zeit bei euch sehr genossen.

Mingalaba - Hanne and Thomas Jung

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