Welcome
to Florida USA
Nach 10
½ Stunden Flug bin ich steif gesessen und müde. In Miami ist früher
Abend, aber meine Uhr tickt nach deutscher Winterzeit: halb eins,
mitten in der Nacht. Die breite Schlange vor den Schaltern der
US-Immigration ist 200m lang, unser Flieger füllt sie auf lockere
400m auf. Ganz vorn wird den Wartenden von grimmig dreinschauenden
und schwer bewaffneten, in schwarze Uniformen gekleideten Damen und
Herren, der Schalter zugewiesen. Wer ohne Aufforderung wagt
vorzutreten, wird in rüdem Ton zurück gewiesen. Das geht auch einer
Stewardess so, die, ohnehin in einer privilegiert kurzen, separaten
Schlange stehend, sich traut an den leeren Schalter für Diplomaten
zu treten: „Get back into
your lane!“ - ohne please
und ohne Erbarmen! Aus Langeweile beginne ich zu stoppen, wie lange
es dauert an den Schaltern. Einzelpersonen drei bis vier Minuten,
Paare sechs, Familien zu fünft – nein, so lange kann ich die Uhr
nicht im Auge behalten mitten in der Nacht. Bei uns geht es, nach
einer geschlagenen Stunde in der grossen Schlange, plötzlich
ruck-zuck! Ein freundlicher, älterer Beamter gibt uns kurze, knappe
Anweisungen: „Four fingers right hand, thumb right hand, four
fingers left hand, left thumb, look into the camera – enjoy your
stay. … dann noch Hanne – und fertig.
Man kann
nicht immer Glück haben. Der Shuttlebus unseres Hotels fährt auf
der Überholspur an uns vorbei. Hätten wir anrufen müssen? Das alte
Handy funktioniert nicht, obwohl es Motorola versprochen hatte. Noch
einmal 20min warten. In der Lobby reihen wir uns hinter einem älteren
Ehepaar (so alt wie wir) zum Check-in ein. Small Talk! Die beiden
sind das Gegenteil von gejetlagged – aus Kalifornien kommend ist es
eigentlich zu früh, um bald ins Bett zu gehen, aber ihr
Anschlussflug geht morgen früh im sieben in die Karibik, dort
heiratet der Sohn eine Chilenin, Beach Wedding – na ja!? Die Mutter
der Braut werden sie zum ersten Mal sehen. Sie sind schon vierzig
Jahre verheiratet, glücklich! Man sieht es ihnen an. Ich vertraue
ihnen an: wir auch, im August. Unglaublich, wie man diesen
Amerikanern innerhalb kürzester Zeit die intimsten Dinge verrät –
Terroristen haben sicher keine Chance gegen diese überrumpelnde
Fragetechnik.
Am
frühen nächsten Morgen treffe ich die beiden wieder – sie checken
gerade aus, haben gut geschlafen und freuen sich auf die Hochzeit –
friends for life!
Vierzehn
Stunden nach touch down tummeln wir uns am South Beach in der
atlantischen Brandung – grossartig!! Wir schlendern kilometerweit
am Wasser entlang. Der Strand füllt sich allmählich, die Sonne
brennt. Nach drei Stunden finden wir eine Dusche und dahinter eine
Terrasse mit Schatten unter Sonnenschirmen. Das erste Bier zischt,
und wir gönnen uns zwei Appetizers: 7 leckere Hühnerflügel und
noch bessere Tintenfischteilchen, hübsch angerichtet auf einer
winzigen Platte, noch ein Bier und dann zwei Espresso – einer davon
doppelt. Letzteres hätten wir lassen sollen. Total $ 73 ohne Steuer
und Bedienung! Der doppelte Espresso, kaum grösser als der kleine: $
10! ... nur einen Dollar weniger als die Chicken Wings! Das Glas
Chardonnay ist so teuer wie das kleine Bier – $ 7. Da Samanthas
Bedienung nicht so überwältigt hatte, bekommt sie, neben den
bereits auf der Rechnung einkalkulierten 18% Gratuity = $ 13.14, kein
weiteres Trinkgeld. Gestärkt und um $ 92 finanziell erleichtert,
kommen wir landeinwärts am Hoteleingang vorbei: The
Ritz Carlton Miami Beach!
Auf der
Collins Avenue, parallel zum Strand, begegnen wir den ersten grell
und kaum bekleideten Damen. Meist kubanischer oder puertorikanischer
Herkunft zeigen sie ihre überdimensionalen Hinterteile in winzigen
Stringtangas. Sind das …? oder vielleicht doch nicht? Mir gefallen
die Grübchen, aber ich trau mich nicht zu fotografieren!
Dann die
herrlichen,
braungebrannten oder sowieso dunkelhäutigen Muskelberge, oben ohne
oder im engen Trägerhemdchen, dazu riesige, goldene Kreuze mit
sicherlich echten Brillanten besetzt.
Am Ocean Drive reihen sich ein
Jugendstilhaus und eine Bar an das, bzw. die andere. Und wird es noch
bunter, greller, lauter, …!
Es ist Freitag, später Nachmittag – wir nehmen in der ersten Reihe
Platz und staunen. Christopher Street Day und Love Parade sind
dagegen hoch sittsam – an der Copacabana waren wir noch nicht.
Nett,
doof, warm und yummy!
Am
nächsten Morgen bei Hertz lernen wir sie kennen, die super netten
und die unglaublich doofen Amis. In der Warteschlange interviewt uns
die Nette. Was für ein Auto? Für wie lange? Irgendwie scheinen wir
es verdient zu haben! Sie schickt uns hinunter zur VIP-Abfertigung.
Dort die Doofe, sieht auch
schon so miserable aus:
-
Gold Card?!
- We
were sent down by your colleague.
-
This is for Gold Card Holders only! You can't check in here!
Ihre
Kollegen retten uns, sie teilen der liebenswerten Dame mit, dass sie
angesichts der gähnenden Leere im VIP-Check-In, den Kollegen oben
gesagt hatten, dass ….
- No,
we can't do that, we may be busy any second!
Ihr
Groll richtete sich jetzt gegen die Kollegen, die uns dann jedoch
ganz cool abfertigen – sehr nett!
Verzweifelt
suchen wir ein Cafè entlang des sechsspurigen Highways US 1, aber
die sind alle auf der anderen Seite und wir haben das mit den U-Turns
noch nicht so drauf. Endlich! Subways, unsere erste
Frühstückserfahrung. Wir nehmen das Angebot an: Baconsandwich mit
Kaffee.
You
want egg? Yes, please! - Yellow or white? Pardon? - Yellow or white?
Yellow? Please!
Die
Eier sind halbmondförmig vorgebacken und ganz gelb – wir nehmen
an, da ist Eigelb drin! Vegetables?
Yes, please! - Which? Tomatoes? Yes, please! - Else?
So geht das eine Weile, bis der Sandwich überquillt. Kunstvoll in
Papier gewickelt, wandern die Dinger in die Mikrowelle – nun
erwachen auch die Baconscheiben wieder zum Leben. Schmeckt alles
nicht so toll, aber der
frisch gebrühte Kaffee ist scheusslich! Die
Servicedame ist sehr lieb und verwickelt uns ins Gespräch. Englisch
ist eindeutig nicht ihre Muttersprache, wir haben Mühe sie zu
verstehen. Überhaupt hören wir im Süden Floridas häufiger
Spanisch als Amerikanisch.
Ein
paar Stunden später auf den Keys sitzen wir mit Blick aufs Meer im
Schatten, die Pelikane fliegen in Formation auf Augenhöhe an uns
vorbei, wir geniessen den legendären Key Lime Pie und einen sehr
viel besseren Cafè – geht doch!
Abends,
wieder am Meer, diesmal ganz nah dran, bestellen wir eine Flasche
Chardonnay in Vorfreude aufs erste Fischmahl. Haben die, im Land der
Ice Cubes, noch andere warme Getränke neben Weisswein? Während
sonst Coke vor lauter Eis nicht mehr schmeckt, sind wir nun versucht,
Eis ins Weinglas zu kippen. Wer eine Flasche bestellt, muss dieses
Risiko eingehen. Gläser werden aus der Flasche im Kühlschrank
gefüllt. Nicht so schnell trinken, sonst ist die kalte Flasche leer.
Und Coke immer mit wenig Eis bestellen, dann schmeckt's.
Florida
Lobster a' la francaise entpuppt sich als Fehlgriff, da der Gute in
eine Panade aus Ei gehüllt und in Sosse getränkt daher kommt. Stone
Crabs mit Mustard Sauce, yummy! Was passiert mit dem Rest der grossen
Krabbe, deren Körper wir in Frankreich so gern stundenlang
attackieren? Conch Fritters, sehr lecker, wie die Bitterballen damals
in Holland, nur more chewy. In Gänze soll man diese Muschelart gar
nicht geniessen können, so zäh ist sie angeblich. Zerhackt, in Teig
eingebettet und frittiert, kann ich ihnen auch am zweiten Abend nicht
widerstehen – Hanne ist nicht begeistert.
In Key
West, wieder direkt am Strand, essen wir beide: Raw Tuna in a
Wasabicrust – outstanding! Immer wieder werden wir gefragt, wie
wir denn unseren Fisch gern hätten, raw, medium, … Als ich den
Tunfisch medium bestelle, macht mich die junge Dame, our host for the
evening, darauf aufmerksam, dass dieser Fisch Sushiqualität habe und
schon bei medium der Geschmack arg leide. Wie recht sie hatte – wir
schwelgen. Und für den warmen Wein erhalten wir diesmal einen
Eisbehälter und schon nach zehn Minuten sinkt die Temperatur
merklich.
Florida
– not a must!
Wenn
dieses Florida nicht diese wahnsinnigen Strände hätte und die Keys
und die Everglades und Manatees, müsste man da nicht unbedingt hin.
Wir finden die Alligatoren wonderful.
Beifahrer können sie schon
vom Auto aus sehen, sie liegen am Ufer des Entwässerungkanals in der
Sonne, zwischen Mangroven und Wasser und verdauen. Neben dem
Besucherzentrum liegen Dutzende, hier werden sie wahrscheinlich
gefüttert. Von den shitty
airboats aus, in Everglade
City sehen wir nur Mangroven, weil, die können weder weglaufen noch
-schwimmen oder -fliegen. Diese Airboats sind gestört blödsinnig,
und wir dummen Touristen fallen darauf rein. In Berichten über die
Everglades sieht das toll aus. Dabei sitzt man unbequem und hat einen
dicken Kopfhörer auf, um sich keine Gehörschäden zuzuziehen. Dann
donnert der alternde Pilot in einem Affenzahn durch die engen
Mangrovensümpfe – ein umweltlicher Alptraum. Den enttäuschten
Amerikanern, die nach einer Stunde fragen, wo denn die Alligatoren
seien, empfehlen wir das Besucherzentrum am Highway US 41. Leicht
gefrustet, treffen wir beim Abendessen direkt am Brackwasser,
gegenüber der Mangroven, Nancy, die Bikerin. Frisch pensioniert vom
US Military Service fährt sie seit Anfang Februar durch Florida. Sie
hört uns Deutsch sprechen, empfiehlt uns die Stone Crabs und
erzählt, sie habe zwei Jahre in Mannheim gelebt. Wir bitten sie an
unseren Tisch und unterhalten uns angeregt bis
die Dämmerung über uns herein bricht – zu lange!
… wir werden von Mosquitos
gefressen, durch alle
Kleidungsstücke hindurch. Im Dunkeln blubbert Nancy mit Harley und
dem, von kleinen Lichtern umsäumten Beiwagen an uns vorbei. Vierzig
Stiche zähle ich am nächsten Morgen – ein
unvergesslicher Abend.
Hanne
spricht schon seit Tagen nur noch von den Manatees - … und Recht
hat sie. Die grössten Feinde dieser riesigen Seekühe sind diese
Airboats und andere Motorboote!!!! In einem kleinen Wildpark werden
sie gesund gepflegt und dann für die staunenden Besucher gefüttert,
bis sie wieder fit für die Freiheit sind.
Mögen
wir die Amerikaner?
Sieht
man Mitt Romney oder noch schlimmer Rick Santorum allabendlich im
Fernsehen, wie sie die Wähler begeistern mit: „This is America, we
are this great Nation, unique in the world, let us concentrate on our
values, beat Barack Obama and save this great country!“ kommt es
einem hoch! Wenn wir im 4Sternehotel die sprachgewaltige Dame an der
Bar im pink Top das Bier aus der Flasche trinken sehen, macht uns das
nachdenklich – aber, warum eigentlich nicht? Die freiwilligen
Helfer im Wild-Live-Park, die mit unglaublichem
Enthusiasmus für die armen Manatees kämpfen, begeistern uns.
Die
Sprachphrasen, mit denen wir tagtäglich nach unserem Wohlbefinden
befragt werden – die uns a great day wünschen, manchmal mit
freundlichem Lächeln oder des öfteren auch mit total
gleichgültigem, gelangweiltem Gesichtsausdruck, geben uns zu denken.
Die Hinweise auf spectacular restrooms in der nächsten Tankstelle
und die Warnungen auf den Thermokaffeebechern, die uns darauf
aufmerksam machen, dass der Inhalt heiß sein könnte, lassen uns
schmunzeln!
We
feel like, not bad – getting like used to it all - maybe! Like, ask
us again in like a few more weeks!
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