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Unvollständige, unsystematische, unübliche und nicht ganz vorurteilsfreie Reisebeobachtungen aus der Altersfreiheit!

Freitag, 6. April 2012


Welcome to Florida USA
Nach 10 ½ Stunden Flug bin ich steif gesessen und müde. In Miami ist früher Abend, aber meine Uhr tickt nach deutscher Winterzeit: halb eins, mitten in der Nacht. Die breite Schlange vor den Schaltern der US-Immigration ist 200m lang, unser Flieger füllt sie auf lockere 400m auf. Ganz vorn wird den Wartenden von grimmig dreinschauenden und schwer bewaffneten, in schwarze Uniformen gekleideten Damen und Herren, der Schalter zugewiesen. Wer ohne Aufforderung wagt vorzutreten, wird in rüdem Ton zurück gewiesen. Das geht auch einer Stewardess so, die, ohnehin in einer privilegiert kurzen, separaten Schlange stehend, sich traut an den leeren Schalter für Diplomaten zu treten: „Get back into your lane!“ - ohne please und ohne Erbarmen! Aus Langeweile beginne ich zu stoppen, wie lange es dauert an den Schaltern. Einzelpersonen drei bis vier Minuten, Paare sechs, Familien zu fünft – nein, so lange kann ich die Uhr nicht im Auge behalten mitten in der Nacht. Bei uns geht es, nach einer geschlagenen Stunde in der grossen Schlange, plötzlich ruck-zuck! Ein freundlicher, älterer Beamter gibt uns kurze, knappe Anweisungen: „Four fingers right hand, thumb right hand, four fingers left hand, left thumb, look into the camera – enjoy your stay. … dann noch Hanne – und fertig.



Man kann nicht immer Glück haben. Der Shuttlebus unseres Hotels fährt auf der Überholspur an uns vorbei. Hätten wir anrufen müssen? Das alte Handy funktioniert nicht, obwohl es Motorola versprochen hatte. Noch einmal 20min warten. In der Lobby reihen wir uns hinter einem älteren Ehepaar (so alt wie wir) zum Check-in ein. Small Talk! Die beiden sind das Gegenteil von gejetlagged – aus Kalifornien kommend ist es eigentlich zu früh, um bald ins Bett zu gehen, aber ihr Anschlussflug geht morgen früh im sieben in die Karibik, dort heiratet der Sohn eine Chilenin, Beach Wedding – na ja!? Die Mutter der Braut werden sie zum ersten Mal sehen. Sie sind schon vierzig Jahre verheiratet, glücklich! Man sieht es ihnen an. Ich vertraue ihnen an: wir auch, im August. Unglaublich, wie man diesen Amerikanern innerhalb kürzester Zeit die intimsten Dinge verrät – Terroristen haben sicher keine Chance gegen diese überrumpelnde Fragetechnik.
Am frühen nächsten Morgen treffe ich die beiden wieder – sie checken gerade aus, haben gut geschlafen und freuen sich auf die Hochzeit – friends for life!
Für mich war die Nacht um drei Uhr US Eastern Time vorbei. Um fünf sass ich vor dem Hotel und lass US Today. Dort herrschten subtropische 24 Grad C, in der Lobby war Sibirien. Es war noch dunkel, aber die Lampe von hinten spendete ausreichend Licht. Die amerikanischen Mücken nahmen die Einladung zum Frühstück dankend an und labten sich.


Vierzehn Stunden nach touch down tummeln wir uns am South Beach in der atlantischen Brandung – grossartig!! Wir schlendern kilometerweit am Wasser entlang. Der Strand füllt sich allmählich, die Sonne brennt. Nach drei Stunden finden wir eine Dusche und dahinter eine Terrasse mit Schatten unter Sonnenschirmen. Das erste Bier zischt, und wir gönnen uns zwei Appetizers: 7 leckere Hühnerflügel und noch bessere Tintenfischteilchen, hübsch angerichtet auf einer winzigen Platte, noch ein Bier und dann zwei Espresso – einer davon doppelt. Letzteres hätten wir lassen sollen. Total $ 73 ohne Steuer und Bedienung! Der doppelte Espresso, kaum grösser als der kleine: $ 10! ... nur einen Dollar weniger als die Chicken Wings! Das Glas Chardonnay ist so teuer wie das kleine Bier – $ 7. Da Samanthas Bedienung nicht so überwältigt hatte, bekommt sie, neben den bereits auf der Rechnung einkalkulierten 18% Gratuity = $ 13.14, kein weiteres Trinkgeld. Gestärkt und um $ 92 finanziell erleichtert, kommen wir landeinwärts am Hoteleingang vorbei: The Ritz Carlton Miami Beach!
Auf der Collins Avenue, parallel zum Strand, begegnen wir den ersten grell und kaum bekleideten Damen. Meist kubanischer oder puertorikanischer Herkunft zeigen sie ihre überdimensionalen Hinterteile in winzigen Stringtangas. Sind das …? oder vielleicht doch nicht? Mir gefallen die Grübchen, aber ich trau mich nicht zu fotografieren!
Dann die herrlichen, braungebrannten oder sowieso dunkelhäutigen Muskelberge, oben ohne oder im engen Trägerhemdchen, dazu riesige, goldene Kreuze mit sicherlich echten Brillanten besetzt. 


Am Ocean Drive reihen sich ein Jugendstilhaus und eine Bar an das, bzw. die andere. Und wird es noch bunter, greller, lauter, …! 


Es ist Freitag, später Nachmittag – wir nehmen in der ersten Reihe Platz und staunen. Christopher Street Day und Love Parade sind dagegen hoch sittsam – an der Copacabana waren wir noch nicht.

Nett, doof, warm und yummy!
Am nächsten Morgen bei Hertz lernen wir sie kennen, die super netten und die unglaublich doofen Amis. In der Warteschlange interviewt uns die Nette. Was für ein Auto? Für wie lange? Irgendwie scheinen wir es verdient zu haben! Sie schickt uns hinunter zur VIP-Abfertigung. Dort die Doofe, sieht auch schon so miserable aus:
- Gold Card?!
- We were sent down by your colleague.
- This is for Gold Card Holders only! You can't check in here!
Ihre Kollegen retten uns, sie teilen der liebenswerten Dame mit, dass sie angesichts der gähnenden Leere im VIP-Check-In, den Kollegen oben gesagt hatten, dass ….
- No, we can't do that, we may be busy any second!
Ihr Groll richtete sich jetzt gegen die Kollegen, die uns dann jedoch ganz cool abfertigen – sehr nett!


Verzweifelt suchen wir ein Cafè entlang des sechsspurigen Highways US 1, aber die sind alle auf der anderen Seite und wir haben das mit den U-Turns noch nicht so drauf. Endlich! Subways, unsere erste Frühstückserfahrung. Wir nehmen das Angebot an: Baconsandwich mit Kaffee.
You want egg? Yes, please! - Yellow or white? Pardon? - Yellow or white? Yellow? Please!
Die Eier sind halbmondförmig vorgebacken und ganz gelb – wir nehmen an, da ist Eigelb drin! Vegetables? Yes, please! - Which? Tomatoes? Yes, please! - Else? So geht das eine Weile, bis der Sandwich überquillt. Kunstvoll in Papier gewickelt, wandern die Dinger in die Mikrowelle – nun erwachen auch die Baconscheiben wieder zum Leben. Schmeckt alles nicht so toll, aber der frisch gebrühte Kaffee ist scheusslich! Die Servicedame ist sehr lieb und verwickelt uns ins Gespräch. Englisch ist eindeutig nicht ihre Muttersprache, wir haben Mühe sie zu verstehen. Überhaupt hören wir im Süden Floridas häufiger Spanisch als Amerikanisch.


Ein paar Stunden später auf den Keys sitzen wir mit Blick aufs Meer im Schatten, die Pelikane fliegen in Formation auf Augenhöhe an uns vorbei, wir geniessen den legendären Key Lime Pie und einen sehr viel besseren Cafè – geht doch!
Abends, wieder am Meer, diesmal ganz nah dran, bestellen wir eine Flasche Chardonnay in Vorfreude aufs erste Fischmahl. Haben die, im Land der Ice Cubes, noch andere warme Getränke neben Weisswein? Während sonst Coke vor lauter Eis nicht mehr schmeckt, sind wir nun versucht, Eis ins Weinglas zu kippen. Wer eine Flasche bestellt, muss dieses Risiko eingehen. Gläser werden aus der Flasche im Kühlschrank gefüllt. Nicht so schnell trinken, sonst ist die kalte Flasche leer. Und Coke immer mit wenig Eis bestellen, dann schmeckt's.
Florida Lobster a' la francaise entpuppt sich als Fehlgriff, da der Gute in eine Panade aus Ei gehüllt und in Sosse getränkt daher kommt. Stone Crabs mit Mustard Sauce, yummy! Was passiert mit dem Rest der grossen Krabbe, deren Körper wir in Frankreich so gern stundenlang attackieren? Conch Fritters, sehr lecker, wie die Bitterballen damals in Holland, nur more chewy. In Gänze soll man diese Muschelart gar nicht geniessen können, so zäh ist sie angeblich. Zerhackt, in Teig eingebettet und frittiert, kann ich ihnen auch am zweiten Abend nicht widerstehen – Hanne ist nicht begeistert.
In Key West, wieder direkt am Strand, essen wir beide: Raw Tuna in a Wasabicrust – outstanding! Immer wieder werden wir gefragt, wie wir denn unseren Fisch gern hätten, raw, medium, … Als ich den Tunfisch medium bestelle, macht mich die junge Dame, our host for the evening, darauf aufmerksam, dass dieser Fisch Sushiqualität habe und schon bei medium der Geschmack arg leide. Wie recht sie hatte – wir schwelgen. Und für den warmen Wein erhalten wir diesmal einen Eisbehälter und schon nach zehn Minuten sinkt die Temperatur merklich.

Florida – not a must!
Wenn dieses Florida nicht diese wahnsinnigen Strände hätte und die Keys und die Everglades und Manatees, müsste man da nicht unbedingt hin. Wir finden die Alligatoren wonderful. 


Beifahrer können sie schon vom Auto aus sehen, sie liegen am Ufer des Entwässerungkanals in der Sonne, zwischen Mangroven und Wasser und verdauen. Neben dem Besucherzentrum liegen Dutzende, hier werden sie wahrscheinlich gefüttert. Von den shitty airboats aus, in Everglade City sehen wir nur Mangroven, weil, die können weder weglaufen noch -schwimmen oder -fliegen. Diese Airboats sind gestört blödsinnig, und wir dummen Touristen fallen darauf rein. In Berichten über die Everglades sieht das toll aus. Dabei sitzt man unbequem und hat einen dicken Kopfhörer auf, um sich keine Gehörschäden zuzuziehen. Dann donnert der alternde Pilot in einem Affenzahn durch die engen Mangrovensümpfe – ein umweltlicher Alptraum. Den enttäuschten Amerikanern, die nach einer Stunde fragen, wo denn die Alligatoren seien, empfehlen wir das Besucherzentrum am Highway US 41. Leicht gefrustet, treffen wir beim Abendessen direkt am Brackwasser, gegenüber der Mangroven, Nancy, die Bikerin. Frisch pensioniert vom US Military Service fährt sie seit Anfang Februar durch Florida. Sie hört uns Deutsch sprechen, empfiehlt uns die Stone Crabs und erzählt, sie habe zwei Jahre in Mannheim gelebt. Wir bitten sie an unseren Tisch und unterhalten uns angeregt bis die Dämmerung über uns herein bricht – zu lange! … wir werden von Mosquitos gefressen, durch alle Kleidungsstücke hindurch. Im Dunkeln blubbert Nancy mit Harley und dem, von kleinen Lichtern umsäumten Beiwagen an uns vorbei. Vierzig Stiche zähle ich am nächsten Morgen – ein unvergesslicher Abend.


Hanne spricht schon seit Tagen nur noch von den Manatees - … und Recht hat sie. Die grössten Feinde dieser riesigen Seekühe sind diese Airboats und andere Motorboote!!!! In einem kleinen Wildpark werden sie gesund gepflegt und dann für die staunenden Besucher gefüttert, bis sie wieder fit für die Freiheit sind.

Mögen wir die Amerikaner?
Sieht man Mitt Romney oder noch schlimmer Rick Santorum allabendlich im Fernsehen, wie sie die Wähler begeistern mit: „This is America, we are this great Nation, unique in the world, let us concentrate on our values, beat Barack Obama and save this great country!“ kommt es einem hoch! Wenn wir im 4Sternehotel die sprachgewaltige Dame an der Bar im pink Top das Bier aus der Flasche trinken sehen, macht uns das nachdenklich – aber, warum eigentlich nicht? Die freiwilligen Helfer im Wild-Live-Park, die mit unglaublichem Enthusiasmus für die armen Manatees kämpfen, begeistern uns.


 Die Sprachphrasen, mit denen wir tagtäglich nach unserem Wohlbefinden befragt werden – die uns a great day wünschen, manchmal mit freundlichem Lächeln oder des öfteren auch mit total gleichgültigem, gelangweiltem Gesichtsausdruck, geben uns zu denken. Die Hinweise auf spectacular restrooms in der nächsten Tankstelle und die Warnungen auf den Thermokaffeebechern, die uns darauf aufmerksam machen, dass der Inhalt heiß sein könnte, lassen uns schmunzeln!
We feel like, not bad – getting like used to it all - maybe! Like, ask us again in like a few more weeks!

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