Wenn wir nach ein paar Monaten, und das passiert uns ja nun häufiger, wieder nach Meisterschwanden, also „nach Hause“ kommen, erscheint fast alles etwas fremd. Anders irgendwie und irgendwo – halt wie im Ausland! Die Landschaft, die Ortschaften, die Strassenbilder: Leute, Häuser, Werbung, etc., - fast alles eben!
Nicht, dass ein falscher Eindruck entsteht! Wir mögen es hier, fühlen uns pudelwohl, lieben unsere Lieblingsnachbarn und unsere Freunde, unsere Wohnung, Meisterschwanden und natürlich den Käse, oder?
Letzteren so sehr, dass es schon vor Jahren zur rituellen Handlung wurde, am ersten Abend `s Chäsfondue zu geniessen – immer mit der rezenten Mischung vom Duss, z’ Wohle – selbstverständlich!
Spätestens dann legt sich das Gefühl „fremd“ zu sein, dann leben und lieben wir die Schweiz – sie ist uns in Fleisch und Blut übergegangen!
In diesem September 2011 beschleicht uns gleich in den ersten Minuten nach Abfahrt von der Autobahn dieses, nicht ganz unbekannte, unangenehme Gefühl bei Anblick einiger Wahlplakate. Die Schweiz wählt im Oktober 2011 ihre nationalen Parlamente, den Nationalrat und den Ständerat, die zweite Kammer, mit den Vertretern der Stände, sprich Kantone.
Die Plakate, die diese ziemlich negativen Emotionen hervorrufen, stammen ausnahmslos von der rechtspopulistischen SVP, der Schweizerischen Volkspartei, der auch der im In- und Ausland (wohlbekannte = falsch) eher berüchtigte, alternde Volkstribun Christoph Blocher angehört.
Seit Jahren bringen es die Plakate dieser SVP zu zweifelhaftem, aber weltweitem Ruhm. Selbst in anglo-amerikanischen Medien, die sich allesamt nicht rühmen können, Informationen aus irgendeinem anderem als ihrem Land zu publizieren, werden sie heftig diskutiert und lösen, traurig aber wahr und je nach politischer Couleur, leider nicht nur Ablehnung aus.
Wir hoffen, dass das Bild der Schweiz im Ausland durch die Aktionen der SVP nicht zu negativ geprägt wird, wir kennen dieses Land und deren Bewohner in überwältigender Mehrheit als weltoffen, freundlich und höflich, wenn nicht sogar liebevoll.
Dennoch geben zu denken:
- Die Minarett-Initiative der SVP (Bauverbot für Minarette) wurde vor zwei Jahren (2009) vom Schweizervolk mit 57.5% angenommen, bei einer, für schweizerische Verhältnisse, eher hohen Wahlbeteiligung von 53.4%. Im Kanton Aargau, bekannt als traditionell konservativ, in dem ich zwanzig Jahre lang als Lehrer gewohnt und gearbeitet habe, stimmen sogar 64% mit „ja“!
- Ein Jahr später (2010) lanciert die SVP die Ausschaffungsinitiative (schnellere Abschiebung krimineller Ausländer), die ebenfalls Schweiz weit mit 54.9% angenommen wurde.
Im momentanen Wahlkampf sieht man neben harmlosen Plakaten der SVP:
auch das neuste Schandprodukt:
Gerade dieses Beispiel an Geschmacklosigkeit weckt bei uns (Deutschen?) Assoziationen, die sicherlich bewusst und gezielt geschürt werden sollen.
Man muss wissen, dass die Schweiz, mit einem Ausländeranteil von mehr als 20% an der Spitze der Einwanderungsländer steht. Der Anteil in Deutschland beträgt lediglich 9%! Auch hier sind wir uns keineswegs sicher, ob nicht eine Mehrheit der Bundesbürger zustimmen würde.
In den Jahren vor dem weltweiten Finanzcrash, strömten die ausländischen Banker haufenweise nach Zürich. Viele von ihnen aus Deutschland, was eine wahre Hasskampagne gegen unsere Landsleute auslöste! Unbegreiflich, in dieser eigentlich so weltoffenen Stadt! Auch anderenorts wurden internationale Fachkräfte gesucht und im Ausland gefunden. Gut Ausgebildete sind in der Schweiz nicht arbeitslos, sondern Mangelware! Es kommen nicht nur kriminelle, arbeitsscheue Elemente, die man schnell wieder ausschaffen muss.
Wer keine Arbeit hat, hat i. d. R. auch kein Geld.
Weshalb sollte die mit der EU vertraglich geregelte Personenfreizügigkeit zur Masseneinwanderung in eines der teuersten Länder Europas führen?
Jeden zweiten Franken verdient die Schweiz im Ausland, sie ist glücklicherweise trotz des hohen Lohnniveaus und des teuren Schweizer Franken weltweit konkurrenzfähig, auch oder gerade wegen der vielen ausländischen Arbeitskräfte. Ein wenig mehr Toleranz wäre durchaus angemessen!
Positiv berührt werde ich angesichts der Plakate, auf denen ich ehemalige Schüler und Schülerinnen der (meiner) Kantonsschule Wohlen entdecke, besonders wenn sie nicht für die SVP kandidieren!
Weitere Beispiele schändlicher SVP-Politik:
Zürisee 2030
Wir wollen keine Schweizer werden, auch nicht Deutsch-Schweizerische Doppelbürger – wir sind und bleiben überzeugte Europäer – trotz Eurokrise!
Aber, werden wir in der Schweiz wohnen bleiben?
Noch für ein paar Jahre oder für immer?
Diese Fragen beschäftigen uns seit langem.
Wird die SVP wie in den vergangenen Jahren ständig weiter zulegen?
Werden weitere rechtspopulistische Initiativen vor dem Schweizervolk Gehör finden? Werden Brunnen weiterhin vergiftet?
Die Antworten auf diese Fragen werden unseren Entscheid hier zu bleiben massgeblich beeinflussen.
Übrigens, die spektakulärsten Schandplakate der SVP der vergangenen Jahre wurden von einem deutschen Werbefutzi gestaltet. Die beiden Nationen sind sich offenbar näher als gewünscht!
Ich habe kursiv gedruckt, was sprachlich dem Schweizer Dialekt oder dem Schweizer Schriftdeutsch entnommen und tief in unsere Sprache eingedrungen ist – diesen Sprachgebrauch und die Betonung jeglicher Nomen auf der ersten Silbe legen wir jeweils erst nach ein paar Tagen Aufenthalt nördlich von Hamburg auf Eis!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen