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Unvollständige, unsystematische, unübliche und nicht ganz vorurteilsfreie Reisebeobachtungen aus der Altersfreiheit!

Donnerstag, 6. Januar 2011

Zwischenstopp Hong Kong

Hong Kong ist mit gut sieben Millionen Einwohnern nur eine mittelgrosse chinesische Stadt.
Trotz der frühen Morgenstunde beeindruckt sie uns mit ihrer Kulisse: Meer, Berge, Inseln, Buchten, Hafen, Werften, Schiffe, grosse und kleine, Dschunken, Fischerboote, Fähren, bombastische Protzbauten der globalen Finanz- und Wirtschaftsmächte, Hochhäuserfronten ohne Ende.
Wir wohnen in Kowloon, der eigentlichen Hong Kong Insel gegenüber und laufen auf Promenaden endlos am Wasser entlang, überqueren Hafenbecken, schlagen uns durch Häuserschluchten und Shoppingcenter ungeahnten Ausmasses und staunen.

Eigentlich hätten wir es wissen müssen! „Will you go shopping in HK?” Die junge Chinesin aus Christchurch, mit der wir die Dreiersitzreihe im Flieger von Auckland teilen, hatte uns bereits mitgeteilt, sie fliege nur deshalb elf Stunden – ihr Vater wohne dort, und der sei viel grosszügiger bei ihren Einkaufstouren als ihr Freund, er würde immer nur lächeln und nicken, wenn sie sich etwas ausgesucht habe!
Samstag und Sonntag herrscht ein unglaubliches Gewusel auf allen Strassen, die Bürgersteige und Einkaufscenter sind voller Menschen. Wohnen diese Massen alle um die Ecke oder kommen sie aus aller Welt hierher zum Einkaufen?
Mühsam schlängeln wir uns durch. Ist das normal oder der vorweihnachtliche Wahnsinn? Mittags sitzen überall Gruppen von Menschen, vor Geschäften, auf Plätzen, Treppen, Absätzen, unter Strassenüberführungen und in den überdimensionalen Eingangsbereichen der Büroblocks und picknicken. Sie erscheinen erschöpft und stärken sich wohl für die letzte Runde der Tortur. Steffi meint, das sind die Hausmädchen aus anderen asiatischen Ländern, die so ihren freien Tag geniessen.
Wir staunen über die ethnische Vielfalt. Es sind Inder, die mir in der Nähe unseres Hotels an jeder Ecke einen Anzug verkaufen wollen, drei Stück, mit drei Hemden und drei Krawatten für nur HK$ 1.499 – ungehalten halte ich sie mir vom Leib – was soll ich damit, meine Karriere ist beendet!
Muslime erkennt man an ihren bekopftuchten Frauen. Menschen aus allen Ländern Asiens – nicht, dass wir sie auseinanderhalten können, aber … - ein wahrer Schmelztiegel der Weltbevölkerung – Modell für die Zukunft?


In Kowloon muss man nur ein paar Strassen vom Wasser entfernt sein, um China zu entdecken – auf der Insel Hong Kong ist das schwieriger! Man erreicht sie mit der Fähre in ein paar Minuten. Die mächtigen Bürogebäude verbergen unten, auf mehreren Ebenen, edelste Shopping Malls. Fast alle sind durch überdachte Brücken miteinander verbunden. Am ersten Tag machen wir den Fehler, auf der Strasse zu Fuss vorankommen zu wollen. Immer wieder werden wir durch Absperrungen daran gehindert, die Strasse zu überqueren. Durch die Malls ist es einfacher, wenn man die Orientierung behält. Der Luxus ist unglaublich, ich wusste nicht, dass es so viele Edelmarken gibt. Im Vergleich zu Shanghai und Beijing sind die Läden jedoch voll mit Kunden.

Wie aus einer anderen Welt erscheinen die Relikte der Kolonisierung:

Eine anglikanische Kathedrale, in der laufend chinesische/asiatische Paare getraut werden – alle Türen sind offen und man kann während der Zeremonie ungestört herumlaufen und fotografieren, wie alle anderen auch!
Und die City Hall – wie ein Ferienhaus wirkt sie zwischen den Wolkenkratzern.

Gemeinsam mit tausenden Anderen entfliehen wir den Häuserschluchten und lassen uns von Schweizer VonRoll Technik steil bergauf, auf den sogenannten Peak, ziehen. Steffi und Till schwärmen von dem legendären Sonnenuntergangsblick – schade, bei klarer Sicht wäre das ein Erlebnis. Trotzdem, die Stadt und der Hafen liegen uns zu Füssen – fantastisch. Nach einem kleinen Spaziergang und einigen Nebelfotos gehen wir erst einmal etwas Kleines essen – abends dürfen wir nicht zu hungrig sein!

Wir sind bei Benno Jäggi und Familie eingeladen – mein ehemaliger Schüler, Wohler Matur 1996.
Benno ist seit elf Jahren in Hong Kong und wohnt mit seiner chinesischen Frau und seinem drei Monate alten Sohn auf Park Island! Wir sind noch einmal dreissig Minuten mit einer Fähre unterwegs und landen auf dem winzigen Inselchen mit den vielen Wohnblöcken.


Die Aussicht von Bennos Dachterrasse im 22. Stock ist der pure Wahnsinn. Vor uns eine der riesigen Autobahnbrücken, die die Stadt mit den vorgelagerten Inseln und dem Flughafen verbindet, dahinter die Hafenbecken, die Stadt, die Berge – und abends hell erleuchtet. Park Island ist autofrei und nur mit der Fähre oder dem Bus zu erreichen. Es gibt Restaurants, einen kleinen Strand, einen Spa – was will man mehr. Der chinesische Hotpot, fachmännisch zubereitet von der Haushaltshilfe, schmeckt hervorragend – wie ein Fondue Chinois halt! Wir geniessen den Abend und fahren anschliessend noch zweimal mit der Fähre zurück nach Kowloon – grossartig, so lässt man sich öffentliche Verkehrsmittel gefallen.

Um zwölf Uhr nachts ist die Stadt noch rappeldicke voll. Die Massen schieben sich um die Weihnachtsdekorationen: riesige Adaption von Geschenkpackungen, Weihnachtsbäumen, Karussells und fotografieren sich davor. Wir sind es bald leid, dauernd stehen bleiben zu müssen und laufen auch mal durchs Bild. Müde und gejetlagged sinken wir ins gewohnt schöne, harte, chinesische Bett.


Am letzten Tag entdecken wir in Hong Kong die winzigen Strassenbahnen, zweistöckig, oben 23, unten 15 Sitzplätze – und stehen kann man natürlich auch. Manchmal sieht man drei, vier hintereinander in beiden Richtungen fahren. Viel Platz ist nicht auf der Insel. Vom Wasser aus ist es ca. 500 m flach, dann geht es steil bergauf. Die Strassenbahnen fahren also alle parallel zum Wasser, gen Osten und Westen. Wir springen auf und lassen uns durch die Betonschluchten kutschieren – es wackelt und ruckelt sehr gemütlich. Ein paar Stationen und wir scheinen wieder in China zu sein. Es ist nicht mehr so glamourös und weniger kalt, nicht mehr ganz so hoch. Hier wohnen Menschen!

Drei Tage sind viel zu wenig! Wir geniessen noch einmal richtig in einem chinesischen Restaurant und machen uns dann auf den vierten Langstreckenflug in sieben Wochen – das hält auch der Stärkste nicht aus.

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